Published 12 hours ago
View PostMilla Schoen schrieb in einem Bluesky-Beitrag am 21. November Wo ist der Protest?. Daniela Brodesser Btw - wir sind noch viel zu wenig wütend!. Zwei verschiedene Veröffentlichungen. Eine Kernfrage. Wo ist der Protest? Meiner Meinung nach, bis auf einzelne Ausnahmen, nicht vorhanden.
Ein konkretes Beispiel das für mich ganz gut deutlich macht wo ein Problem liegt. Dezember letzten Jahres. Die letzte monatliche Kundgebung von #IchBinArmutsbetroffen auf dem Breslauer Platz in Köln. Zeitgleich fand auf der Domplatte eine Aktion statt. Deren Anlass auch wichtig ist. Trotzdem hatte ich dafür kein Verständnis. Insbesondere weil bei den verantwortlichen Veranstaltern Personen dabei waren die von dem regelmäßigen Termin auf dem Platz auf der Nordseite des Hauptbahnhof wussten. Menschen, wo ich bei Plena wenigstens zweimal auf die Kundgebungen von #IchBinArmutsbetroffen hinwieß, dafür warb dort hinzugehen und auszuloten inwieweit man sich vernetzt und ob und welche gemeinsamen Aktionen man sich vorstellen kann.
Es ist leider so das es für die öffentlichen Verwaltungen und politischen Gremien einen Unterschied macht ob man viele, eine breite Masse hinter sich weiß oder lediglich einige wenige, die gleichen Gesichter.
Welche Schnittmengen es gibt und warum die Frage zur Zeit aus anderem Anlass aktuell ist, sprich relevant.
Kölner Medien veröffentlichten in den vergangenen Wochen verschiedene Beiträge wo es um Menschen die auf der Straße leben ging. Ein Obdachloser am Hansaring, der Opfer von Gewalt wurde. Ein Obdachloser auf dem Platz vor St. Ursula, der starb. Ein Obdachloser in der Trierer Straße, der starb. Drei Obdachlose die am Niehler Hafen auf Platte machten, und deren Schlafplatz geräumt wurde. Menschen, die aus verschiedenen Gründen und trotz eines Angebot, Winterhilfe der Stadt Köln, auf der Straße leben.
Die Reaktionen (Antworten, Kommentare) in Sozialen Netzwerken waren absehbar und nicht überraschend. Viel Unmut. Viele Fragen. Vieles, was in vergangenen Jahren bei den Themen wiederholt geschrieben wurde. Insofern nichts neues. Keine Initiative die Gunst der Stunde für Aktionen und Vernetzung zu nutzen. Niemand der vielen Nutzerinnen und Nutzer die/der konkret danach fragte ob es bereits Initiativen gibt denen man sich anschließen und die man unterstützen kann. Damit meine ich auch einzelne, einige sehr wenige Gruppen oder Vereine der Obdachlosenhilfe die zwar alle gute und leider auf absehbare Zeit notwendige Arbeit leisten. Die, wenn auch berechtigt, Kritik üben, wo aber nichts weiter daraus folgt. Keine eigenen Aktionen. Keine eigenen Petitionen. Nichts, außer seinen Unmut zu äußern und es augenscheinlich, für den Moment zumindest, dabei zu belassen.
Mir fällt es nicht einfach positiv in die Zukunft zu blicken, in eine Zukunft wo es wieder eine Bewegung wie Anfangs von #IchBinArmutsbetroffen gibt. Ich habe den Eindruck nicht alle, aber viele haben resigniert und bin sowieso der Meinung das es Themen gibt die nicht sexy sind, mit denen man keine Massen mobilisiert, gleich wie sehr man sich bemüht, der der Gesellschaft, den Medien, der Politik am Arsch vorbeigehen. Armut. Obdachlosigkeit. Wohnungslosigkeit.
Schade. Denn was mir an #IchBinArmutsbetroffen gefiel, gefällt ist, dass die Menschen und ihre Schicksale im Vordergrund standen. Armutsbetroffene. Obdachlose. Wohnungslose. Das man sie bei der Selbstorganisation unterstützte. Wenn sie jemand die Fahrtkosten für die Teilnahme an einer Aktion nicht leisten konnte oder nicht die technischen Möglichkeiten hatte um an einem virtuellen Treffen teilzunehmen.
Bei mir ist es so das ich mir grundsätzlich vorstellen kann mich innerhalb meiner Möglichkeiten einzubringen. Behalte mir jedoch vor auf Grund verschiedener schlechter Erfahrungen mir zunächst einen Überblick zu verschaffen wo und inwieweit ich dies konkret tue.
Bei zu viel Gerede, sprich Kommunikation statt Aktion tendiere ich dazu mich nicht weiter zu engagieren. Damit meine ich nicht wenn man unterschiedlicher Meinung ist oder es verschiedene Lösungen gibt. Damit meine ich, was ich extrem nervig finde, wenn man bei Plena zum Beispiel anderen ständig ins Wort fällt. Statt sich auf die Redeliste setzen zu lassen. Wenn man sich nicht auf das Wesentliche beschränkt und, wenn etwas unklar ist, konkrete Verständnisfragen stellt. Damit meine ich nervige, wiederholte Diskussionen über etwas was bereits zig mal diskutiert und konkret beschlossen wurde.
Mit zu viel Gerede statt Aktion meine ich auch fehlendes strukturiertes Vorgehen. Von regelmäßigen Kundgebungen, wo im Grunde ständig die gleichen Forderungen gestellt werden, anlässlich von Sitzungen politischer Gremien halte ich nicht viel, sprich nichts. Wenn beispielsweise die Unterbringung Obdachloser in Einzelzimmern statt in Mehr-Bett-Zimmern eine von verschiedenen Forderungen ist, sollte man sich politische Bündnispartner suchen und über diese entsprechende, konkrete Anträge in einen Sozialausschuss oder Rat einbringen. Wenn dieser Weg oder eine Petition nicht zum gewünschten Erfolg führt, klagen.
Um die gestellte Frage beantworten zu können muss man meiner Meinung nach auch verschiedene andere Punkte betrachten. Vernetzung. Kanäle zur internen Kommunikation. Öffentlichkeitsarbeit.
Verschiedene Menschen nutzen verschiedene Soziale Netzwerke. Das ist nicht verwerflich und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Das kann man dadurch umgehen das man Social Media Kanäle nutzt wo die Menschen auch ohne ein Benutzerkonto haben zu müssen mitlesen können. Bluesky oder das Fediverse. Definitiv nicht X oder Meta. Ein weiterer Fehler ist das Nutzen unterschiedlicher, zu vieler oder nicht aussagekräftiger Hashtags. Genau das trug meiner Meinung nach zur Bekanntheit und Reichweite von #IchBinArmutsbetroffen in seinen Anfangsjahren bei. Das verschiedene Menschen auf verschiedenen Kanälen Beiträge unter dem Hashtag posteten.
Ein Fehler den ich hin und wieder in der Öffentlichkeitsarbeit beobachte und der meiner Meinung nach bei manchen Aktionen Grund dafür ist das man dort immer die gleichen Gesichter und kaum neue Aktivisti oder Unterstützerinnen und Unterstützer sieht ist die Gestaltung der Aufrufe, Sharepics zum Beispiel, die zur Bewerbung einer Aktion, Demo, Kundgebung genutzt werden. Manches was ich diesbezüglich sah war und ist schlicht und einfach zu textlastig. Weniger ist mehr. Fokus auf um welche Aktion es sich handelt, wann (Datum, Uhrzeit), wo (konkrete Ortsangaben, insbesondere wenn die Aktion auf einem großen Platz stattfindet (Beispiele wären; Heumarkt (am Reiterdenkmal), Alter Markt (vor dem Historischen Rathaus).